ÜBERSICHT
1. Koran-Interpretation, islamische Theologie und Philosophie2. Sufismus
3. Traditionalistische Einflüsse im Mittelalter
4. Neuzeitliche Strömungen zwischen Reform und Restauration
5. Weiterführendes Material, Literatur, Internetzugänge
1. Koran-Interpration,
islamische Theologie und Philosophie

- Vgl. den übersichtlichen Beitrag zu Sunna und Schia in SZ online16.06.2015:
Was Schiiten und Sunniten trennt
- AILLET, Cyrille (dir.):L’ibadisme, une minorité au cœur de l’islam.
REMMM No. 132, Décembre 2012.Gesamtes Themenheft über denIbadismus - Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.):Lexikon - Ibaditen
- Religion in Oman(Marie Asmus [Bautz-Verlag])
Seit dem 8. Jahrhundert verstärkten sich wichtige Entwicklungen der islamischen Kulturgeschichte. Die (sunnitischen) Abbasiden übernahmen von den Umayyaden die Macht. Nach Damaskus wurde Bagdad Hauptstadt der muslimischen Welt und bildet bis zu seiner Zerstörung durch die Mongolen im Jahre 1258 das weltlich-kulturelle Zentrum der östlichen islamischen Hemisphäre. Gleichzeitig werden durch die arabische Eroberung des größten Teils der Iberischen Halbinsel seit 711 Granada, Córdoba, Sevilla und Toledo zu Zentren islamischen Geisteslebens. Künste und Wissenschaften, Jurisprudenz und Philologie, Theologie und Philosophie entwickeln sich zu nie dagewesener Blüte. An den islamischen Universitäten wurden die griechischen und lateinischen Philosophen und besonders Plato und Aristoteles übersetzt und kommentiert.
- Oliver Leaman: Islamic Philosophy. An Introduction. Cambridge (UK) / Malden, MA (USA): Polity Press 2009, 2nd edition, 220 pp. --- Ausführliche Leseprobe: hier
- Oxford Islamic Studies Online
Eine herausragende Rolle spielt im philosophischen Transfer
und der Weiterentwicklung Abû Hâmid Muhammad ibn Muhammad al-Ghazali
(um 1058 bis 1111).
- Frank Griffel (ed.): Islam and Rationality. The impact of al-Ghazali.
Papers collected on his 900th anniversary. vol. 2--- Islamic Philosophy, Theology and Science, vol. 98. Leiden (NL): Brill 2016 --- Inhaltsverzeichnis und Vorwort, p. I-XV - Yazeed Said: Ghazali's Politics in Context. London / New York: Routledge 2013, 204 pp.
--- Rezension Frank Griffel in: academia.edu - Bülent Ucar / Frank Griffel (Hg.): 900 Jahre al-Gazalī im Spiegel der islamischen Wissenschaften.
.Veröffentlichungen des Instituts für Islamische Theologieder Universität Osnabrück, Band 5.
Göttingen: V & R 2015, 188 S.
Freie Denker im mittelalterlichen Islam
Sarah Stroumsa: Freethinkers of Medieval Islam.
Ibn al-Rāwandī, Abū Bakr al-Rāzī, and Their Impact on Islamic Thought. Leiden (NL): Brill 2016
----Freethinkers of Medieval Islam focuses on the express denial of prophecy in the medieval Islamicate world. The development of Islamic freethinking is analyzed against the background of the significance of prophets in Islam. In her book, Sarah Stroumsa examines the image of freethinkers, and the repercussions of freethinking on Muslim, Jewish and Christian medieval thought. She argue that freethinking, as exemplified by figures like Ibn al-Rāwandī (9th C.) and Abū Bakr al-Rāzī (10th C.), was a pivotal phenomenon, that had a major impact on the development of Islamic thought. In the present context of religious violence carried out in the name of Islam, this book highlights the striking existence of independent freethinking in the world of Islam.
"Dogmatisierende" Entwicklungen
Ab dem 10. Jahrhundert kommt es jedoch auch im Islamzu einer stärker systematisierenden Gesetzesreligion. Die Gründer der vier orthodoxen Rechtsschulen, Abu Hanifa (Hanafiten), Malik ibn Anas (Malikiten), Mohammed ibn Idriss as-Schafii(Schafiiten) Ahmad ibn Hanbal (Hanbaliten)behandelten eingehend jede, das weltliche und geistige Leben betreffende Frage. Die auf dem Koran und der Prophetentradition – der sogenannten Sunna– gründende ethische und rechtliche Orientierung unter dem Rahmen der Scharia bremste die neuen Entwicklungen teilweise aus, obwohl nach weit gehendem islamischen Verständnis die Idjtihad( = das Tor der Auslegung) immer offen ist, also eine verstandesgemäße aktualisierende Auslegung möglich bleibt.
Im Blick auf die schiitische Philosophie muss jedoch gesagt werden, dass hier die innovative Entwicklung bis ins 16. Jahrhundert weitergeht.
Ausdrücklich sei noch auf die Auseinandersetzung mit der rationalistischen Glaubensschule der Mutaziliten(auch: Mu’taziliten, Mutasiliten oder Mutalisiten – von arab. mu'tafil, Separatist; Zurückgezogener) hingewiesen. Im Rahmen einer mehr spekulativen Theologie (kalam) setzten sie wie auch der zentralasiatische Aristoteles-Spezialist und Musikwissenschaftler Abu Nasr Muhammad al-Farabi(870–950) als oberste Instanz das Verstehen ein.
--- J.R.T.M. Peters: God's Created Speech.
A study in speculative theology of the Mu'tazili Qadi
l-Qudat Abu l'Hasan Abd al-Jabbar bn Ahamad al-Hamadani. Leiden (NL): Brill 1976
--- Inhaltsverzeichnis und 55 Seiten Leseprobe: hier
---Racha el OMARI: The Theology of Abū l-Qāsim al-Balkhī/al-Kaʿbī.Leiden (NL): Brill 2016, 200 pp.
This is the first comprehensive monograph on the theology of Abū l-Qāsim al-Kaʿbī al-Balkhī (d. 319/931), a leading Muʿtazilī who flourished at the end of the Baghdādī school and at the beginning of the scholastic phase of Muʿtazilī history. The study of al-Kaʿbī’s theology has been hindered by historiographical barriers: the fragmentary nature of extant articles, and the difficulties of reconstructing their contexts. This work investigates the twofold challenge of recovering al-Kaʿbī’s theology on the basis of a source-critical reconstruction of major extant fragments. One result of this study positions al-Kaʿbī’s theology as influenced less by the precepts of a Baghdādī school, and guided more by his individual views and affinity for earlier independent Muʿtazilī positions ...
Die Auseinandersetzung des Mediziners, Philosophen und Mystikers Ibn Sina (latinisiert = Avicenna, 980–1037) mit dem berühmten spanischen Arzt und Philosophen Ibn Rushd (latinisiert = Averroës,1126–1198) und umgekehrt bezog sich jeweils auf die Übernahme der hellenistischen Philosophien und einer daraus zu entwickelnden Koran-Hermeneutik mit den dazugehörigen Evidenz-Kriterien. Die Philosophie des Averroës beeinflusste darüber hinaus die gesamte mittelalterliche christliche Theologie, besonders die Universität Paris.Erst auf dem 5. Laterankonzil 1513 unter Papst Leo X. wurde der Averroismus kirchenamtlich verboten.
Innerhalb der sunnitischen Theologie und Philosophie kam es bereits im 12./13. Jahrhundert dazu, dass kaum noch neue Ideen diskutiert wurden, weil die Theologen in ihrer Jurisdiktionsfunktion die freie Forschung mehr und mehr einschränkten.
--- ADANG, Camilla / SCHMIDTKE, Sabine / SKLARE, David (eds.):
A Common Rationality: Mu´tazilism in Islam and Judaism. Istanbuler Texte und Studien Bd. 15. Würzburg: Ergon 2007, 520 S., Register
A Common Rationality: Mu´tazilism in Islam and Judaism. Istanbuler Texte und Studien Bd. 15. Würzburg: Ergon 2007, 520 S., Register
--- DHANANI, Alnoor: The Physical Theory of Kalam. Atoms, Space, and Void in Basrian
Mu'tazili Cosmology. Leiden u.a.: Brill 1994, VII, 209 S., Register --- J.R.T.M. Peters: God's Created Speech.
A study in speculative theology of the Mu'tazili Qadi
l-Qudat Abu l'Hasan Abd al-Jabbar bn Ahamad al-Hamadani. Leiden (NL): Brill 1976
--- Inhaltsverzeichnis und 55 Seiten Leseprobe: hier
This is the first comprehensive monograph on the theology of Abū l-Qāsim al-Kaʿbī al-Balkhī (d. 319/931), a leading Muʿtazilī who flourished at the end of the Baghdādī school and at the beginning of the scholastic phase of Muʿtazilī history. The study of al-Kaʿbī’s theology has been hindered by historiographical barriers: the fragmentary nature of extant articles, and the difficulties of reconstructing their contexts. This work investigates the twofold challenge of recovering al-Kaʿbī’s theology on the basis of a source-critical reconstruction of major extant fragments. One result of this study positions al-Kaʿbī’s theology as influenced less by the precepts of a Baghdādī school, and guided more by his individual views and affinity for earlier independent Muʿtazilī positions ...
Die Auseinandersetzung des Mediziners, Philosophen und Mystikers Ibn Sina (latinisiert = Avicenna, 980–1037) mit dem berühmten spanischen Arzt und Philosophen Ibn Rushd (latinisiert = Averroës,1126–1198) und umgekehrt bezog sich jeweils auf die Übernahme der hellenistischen Philosophien und einer daraus zu entwickelnden Koran-Hermeneutik mit den dazugehörigen Evidenz-Kriterien. Die Philosophie des Averroës beeinflusste darüber hinaus die gesamte mittelalterliche christliche Theologie, besonders die Universität Paris.
Innerhalb der sunnitischen Theologie und Philosophie kam es bereits im 12./13. Jahrhundert dazu, dass kaum noch neue Ideen diskutiert wurden, weil die Theologen in ihrer Jurisdiktionsfunktion die freie Forschung mehr und mehr einschränkten.
- Aspekte zum Islam in Europa
- Die religionsgeschichtliche Bedeutung der Iberischen Halbinsel
für den "Trialog" (Materialsammlung) - Alex Metcalfe: The Muslims in Medieval Italy (Downloadmöglichkeit).
Edinburgh University Press 2009 , 311 pp., index
2. Sufismus
In diesem Zusammenhang spielt die Entwicklung der islamisch-mystischen Richtungen,ine wichtige Rolle. Mehr zum Sufismus:
Geschichte, Mystiker, Orden, Literatur: hier
3. Traditionalistische Einflüsse im Mittelalter
Die spirituelle Vertiefung im Sufismus und der konsequente Vernunftgebrauch in der rationalistisch geprägten Theologie war vielen orthodoxen Rechtsgelehrten zunehmend ein Ärgernis. Sie wurden zunehmend des kufr ( = Unglauben) angeklagt. Denn zahlreiche Sufi-Meister und theologisch-philosophische Lehrer an den islamischen Universitäten, aber auch einfache Wanderderwische, verbreiteten ihre revolutionär anmutenden Ideen von der Gleichheit aller Menschen mit einem aufgeklärten dialogischen Koranverständnis. Die Folge war, dass eine Reihe der philosophischen Rationalisten wie der Sufi-Lehrer entweder von islamischen Herrschern verbannt, eingekerkert oder gar hingerichtet wurden.
Eine besonders problematische Rolle spielt dabei Ibn Taimiya, (1263–1328), dessen Fatwas (theologische und juristische Gutachten) die idjtihad faktisch zu verschließen versuchten. Das Ergebnis war, dass seit dem 13. Jahrhundert die islamische Theologie praktisch keine Veränderungen mehr erfuhr und sich teilweise fundamentalistisch verhärtete.
4. Neuzeitliche Bewegungen
zwischen Reform und Restauration
zwischen Reform und Restauration
Einen guten Überblick von 1900 bis zur Gegenwart bietet:
Reinhard Schulze: Geschichte der Islamischen Welt --- München: C.H. Beck 2016 (Buchbesprechung)
Reinhard Schulze: Geschichte der Islamischen Welt --- München: C.H. Beck 2016 (Buchbesprechung)
In der Folge des europäischen Kolonialismus und dem Niedergang des Osmanischen Reiches wurden die hegemonialen Konflikte auf dem Rücken der islamisch geprägten Regionen ausgetragen. Ende des 19. Jahrhunderts empfanden viele islamische Intellektuelle die Überheblichkeit, die europäische Orientbild prägte als herabwürdigend. Im Sinne westlichen Fortschrittsdenkens betrachteten Islam mit moderner Zivilisation und Wissenschaft als unvereinbar. Dagegen entwickelte sich auf der Südseite des Mittelmeeres eine aus dem islam kommende Reformbewegung, die besonders durch Jamâl ad-Dîn al-Afghânî, Muhammad Abduh, Rashîd Ridâ und Abd ar-Rahmân al-Kawâkibî (1854-1902) geprägt wurde. Sie versuchten ein erstarrtes Islamverständnis im Sinne einer vernunftgemäßen auf die veränderte Zeit bezogenen Auslegung von Koran und Sunna im Sinne des Idjtihad, einer offenen Interpretation, zu verändern. Sie schlossen sich damit an die Reformbestrebungen im Mittelalter an. Das bedeutete zugleich, an die die wahrhaften Ursprünge des Islam anzuknüpfen und damit auch die islamische Rechtsprechung zu aktualisieren. Der hier aufbrechende Grundkonflikt trat in seiner Schärfe erst nach der Unabhängigkeit der meisten islamischen Länder von der Kolonialherrschaft zutage.
Der gemeinsame Gegner gegenüber den Unabhängigkeitsbestrebungen waren die Kolonialherren aus Europa und dem Osmanischen Reich. Der Islam wurde nun von den unterschiedlichen Reformrichtungen als einigende Kraft angesehen, um die Gemeinschaft aller Muslime, der „umma“, wiederherzustellen. Reform hin zu den Basis-Werten des Islam ist damit Vorwärts- und Rückwärtsbewegung zugleich. Dies macht die Beurteilung islamischer Reformbewegungen in der Gegenwart ausgesprochen schwierig. Hier eine grobe Strukturierung:
Panislamismus: AlsGegengewicht zum europäischen und amerikanischen Imperialismus sollen alle Muslime in einem islamischen Staat vereint leben. Auch al-Afghani plädierte in dieser Richtung.
Wahabismus: Eristnach seinem GründerMohammed Ibn Abdel Wahab (etwa 1703 bis 1791) benannt. Er stammte aus der Nähe des heutigen Riad.: Nach seiner Meinung hatte sich der Islam von seinem Ursprung entfernt. Er sah Vielgötterei und Heiligenverehrung als gängige Praxis und forderte von daher nicht nur die Einfachheit eines gläubigen Lebens im Sinne des Propheten Mohammed. Nach erheblichen Rückschlägen gelang es ihm, als Wanderprediger saudische Beduinenstämme für diese Richtung zu gewinnen. Damit begann ein missionarisch geprägter Eroberungsfeldzug. Nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches wurde der Wahabismus in Saudi-Arabien Staatsreligion.
- Jamal Boushaba: Comment les Wahabites
ont transformé la Mecque en Disneyland.
Babelmed 21.03.2016 ( = Wie die Wahabiten Mekka
zum Disneyland verändert haben -
mit interessanten, auch historischen, Fotos) - Mehr zum Wahabismus und Saudi-Arabien
(NZZ 19.12.2015): hier - Der Wahabismus -
eine religiös-politisch-fundamentalistische Ideologie:
Buchvorstellung: Hamadi Redissi
- Une histoire du wahabisme(Seuil 2016) - Zum sich verschärfenden Konflikt
Anfang 2016 zwischen den
saudi-arabischen (sunnitischen) Wahabiten und dem schiitischen Iran
(SZ online vom 04.01.2016)
Muslimbrüder: Die Muslimbruderschaft wurde 1928 von dem Lehrer Hasan al-Banna in Ägypten gegründet. Sie setzte sich als antikoloniale revolutionäre Bewegung für die Befreiung von der britischen Fremdherrschaft ein – mit dem Ziel, den ursprünglichen Islam wiederherzustellen und eine Errichtung eine islamischen Ordnung im Rahmen der Scharia einzurichten. Die Muslimbruderschaft breitete sich sehr bald besonders nach Syrien und Jordanien aus und gehört zu den wichtigen politische Bewegungen des Islamismus.
Salafiyya:Der Ausdruck Salafiyyaoder Salafismus (von arabisch Salaf = der Vorfahre) bezeichnet Rückbesinnung diejenigen Vorfahren die den „reinen“ Islam praktizierten. Es handelt sich überwiegend um sunnitische fundamentalistische Strömungen, die sich wie auch andere Reformrichtungen u.a. auf Muhammad Abduh, aber ebenso auf Ibn Taimiya berufen (s.Reformen des Islam-Mittelalter}! So wird die gesamte (westliche) Moderne ebenso abgelehnt wie neuere Entwicklungen in der islamischen Theologie. Zugleich wird von den Salafisten die Auslegungsgpraxis in manchen der klassischen Rechtsschulen abgelehnt und ebenso die mystische Richtung des Sufismus.
- Götz Nordbruch: Salafismus - Ideologie - Bewegung - Hintergründe(ufug.de, 05.04.2016)
- Radikalisierung im Islam - Psychoanalytische Perspektiven
(zu Büchern von Fethi Benslama)
Liberaler Islam: Neue Impulse innerhalb der von Muslimen geführten Debatte um die rechte Interpretation der Offenbarung und die daraus abzuleitenden gesellschaftlichen Konsequenzen haben sowohl westliche Islam-Theologen als auch sunnitische und schiitische aus der islamischen Welt (z.B. aus Indonesien) vorangetrieben. Zu ihnen zählen z.B. Ulil Abshar-Abdalla, (*1967, Indonesien), Mohamed Arkoun (1928–2010, Frankreich), Soheib Bencheikh (*1961, Frankreich), Abdelmajid Charfi (Tunesien), Farid Esack (* 1959, Südafrika), Mohamed Talbi (*1921, Tunesien) Nasr Hamid Abu Zaid (1943–2010, Ägypten), Fatima Mernissi (*1940, Marokko), Chandra Muzaffar (*1947, Malaysia), Amina Wadud-Muhsin (*1952, USA), Seyyed Hossein Nasr (*1933, USA), Fazlur Rahman (1919-1988, Britisch-Indien, England, USA), Abdul Karim Sorush (*1945, Iran), Mohammed Taha (1909/1911–1985, Sudan) Ömer Özsoy, *1963, Türkei, lebt z.Zt. in Frankfurt/M.) vertreten wurden und werden Dieser mit dem unscharfen Wort bezeichnete „liberale Islam“ beinhaltet bei aller Unterschiedlichkeit folgende Schwerpunkte:
Die Idjtihad (arabisch = Tor der Auslegung) bedeutet die Möglichkeit, den Koran und die Hadithe unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen, also im Blick auf die Gegenwart hin zu interpretieren. Damit wird eine vernunftgemäße Textkritik und eine aktualisierende Hermeneutik religiöser und damit auch geoffenbarter Texte möglich. So wird neben der Itjitahddie Fitra (arabisch = der natürliche Sinn) zur Beurteilung wichtig. Die westliche Moderne wird dabei nicht im Sinne eines islamischen Gegenentwurfs gesehen, sondern fordert zu geistiger Begegnung und zu interreligiösem Dialog heraus. Islam und Demokratie sind von daher vereinbar und die Gleichberechtigung der Geschlechter wird ebenfalls aus dem Koran abgeleitet.. Es gibt darüber hinaus größere Variationsmöglichkeiten im rituellen Gebet und der Durchführung religiöser Pflichten.
„Konservative Reform“: Zwischen der fundamentalistischen des Islam und den sog. liberalen Strömungen dürfte Tariq Ramadan (*1962 in Genf, in England lebend), Enkel von Hassan al Banna, anzusiedeln sein, der sich für eine Inkulturation islamischer Werte unter den modernen gesellschaftlichen Bedingungen Europas einsetzt.
4. Weiterführendes Material, Literatur, Internetzugänge
- Vielfalt des Islam - Traditionen und Entwicklungen
(Material-Zusammenstellung) - Ein UNESCO-Projekt:
Die vielfältigen Aspekte islamischer Kultur(1998-2016) - Zusammenhänge von Islam und Politik in Geschichte und Gegenwart --- The Oxford Handbook of Islam and Politics.
Oxford Univ. Press 2016, 702 pp., illustr.
Editors: John L. Esposito / Emad El-Din ShahinQantara.de und Babelmed --- Europäische Tore
zur islamischen Welt - Islam - Konflikt und Konsens --- In: Forschung Frankfurt 1-2016
- Les mondes de l'islam -
Die Welten (Denominationen) des Islam(France Culture, 04.01.2016) - Islamische Rechtstraditionen und Scharia
- Muslimische Quellen gegen den Terrorismus
(Zusammenstellung von Serdar Günes, 2014) - Religionsfreiheit und Apostasie im Islam(ZDF Forum am Freitag, 27.09.2007)
- Der Islam und das Kopftuch
--- Die verschiedenen Typen der Verhüllung:
Kopftuch, Schleier, Burka, Tschador
Les différents types de voile musulman(Le Monde 24.06.2009) - Rauf Ceylan: Pflicht zu Burka oder Niqab
ist im Islam eine "absolute Randmeinung"(Focus online, 19.08.2016) - Der Streit um das Kopftuch (Buchvorstellung: Transcript-Verlag 2016)
--- Emel Zeynelabidin:
"Musliminnen müssen sich nicht verhüllen"(FAZ online 10.04.2015) - Menschenbild in der Bibel, bei Martin Luther
und im Islam - eine christliche Sicht --- (Textmaterial, Dezember 2015) - Dossier "Reformislam" in Qantara.de
- Maududi und Iqbal im Kontext islamischer Reformbewegungen
des 19. und 20. Jahrhunderts in: Welt ohne Grenzen:
http://www.welt-ohne-grenzen.de/?p=294 - Muslimbruderschaft / Muslimbrüder (Hg. bpb)
- Religiöse Toleranz der Ibaditen in Oman (2011)
- Reformislam (Hg. bpb)
- Islamische Rechtstraditionen und Scharia: Textmaterial
- Sunna gegen Schiaim Arabischen Frühling(Le Monde Diplomatique deutsch vom 12.05.2012:
http://www.monde-diplomatique.de/pm/2012/05/11.mondeText.artikel,a0037.idx,5 - Sigrid Faath (Hg.): Rivalitäten und Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten in Nahost
In: Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik. Berlin 2010, 256 S - Forum für einen fortschrittlichen Islam (Schweiz)
Allgemeine Literaturhinweise zum Islam
- Charles E. Butterworth (ed.): The Political Aspects of Islamic Philosophy.
Essays in Honor of Muhsin S. Mahdi. Harvard Middle Eastern Monographs. Harvard University Press 1992 - Ulrich Haarmann (Hg.): Geschichte der arabischen Welt. München. C.H. Beck 1987
- Heinz Halm: Die Schia. Darmstadt: WBG 1988
- Ermute Heller / Hassouna Mosbahi (Hg.): Islam, Demokratie, Moderne. Aktuelle Antworten, arabischer Denker.
München: C.H. Beck 1998 - Gilles Kepel / Yann Richard (dir.): Intellectuels et militants de l’islam contemporain. Paris: Seuil 1990
- Richard K. Khuri: Freedom, Modernity, and Islam. Toward a Creative Sythesis.
Syracuse University Press (USA) 1998, XLI, 384 pp., index - Abdallah Laroui: Islam et modernité. Paris: La Découverte 1987
- Abdelwahab Meddeb: Die Krankheit des Islam.Aus dem Französischen von Beate Thill und Hans Thill.
Heidelberg: Wunderhorn 2000 - Michael Lüders (Hg.): Der Islam im Aufbruch. Perspektiven der arabischen Welt.
SP 1569. München: Piper 1992 - Tariq Ramadan: Radikale Reform. Die Botschaft des Islam für die moderne Gesellschaft.
Aus dem Englischen von Kathrin Möller und Anne Vonderstein. München: Diederichs 2009 - Reinhard Schulze: Geschichte der islamischen Welt im 20. Jahrhundert. München: C.H. Beck 1994
- Klaus von Stosch: Herausforderung Islam. Christliche Annäherungen.Paderborn: Schöningh 2016
- Michel Wieviorka (dir.): L’avenir de l’islam en France et en Europe.Les entretiens d’Auxerre.
Paris: Balland 2003
Reinhard Kirste
Relpäd/Islam/Reformen im Islam-MA-Neuzeit, 14.12.12, bearb. 10.06..2016